Trage schwarz, WENN NÖTIG
Wir haben uns entschieden den Text von Winsen Luhe Against Nazis nochmal neu zu veröffentlichen und auf unserem Blog zu verlinken. Der Text passt hervorragend in unser Konzept der “Szenekritik”. Gerade in Leipzig gibt es den unangenehmen Trend inflationär schwarz zu tragen. Wir denken, dass sowohl viele Vorkontrollen und Festnahmen, als auch häufig eine negative Außenwahrnehmung verringert werden könnten durch buntere Kleidung. Gerade um das Verbot von Demonstrationen oder Wanderkessel zu vermeiden, sollte sich erst nach dem Start der Demo umgezogen und vermummt werden. Lasst uns unberechenbar bleiben!
Wichtige Frage
Wann warst du das letzte mal auf einer Kundgebung, Demo, Mahnwache o.ä. und hast dich gefragt, warum nur vereinzelt bürgerlich gekleidete Menschen zu sehen sind?
Wann hast du das letzte mal darüber nachgedacht, warum vermeintlich bürgerliche Menschen nicht mehr zu antifaschistischen Demos kommen und antifaschistische Menschen als Linksterrorist*innen verteufeln?
Alles in allem gibt es auf alles die gleiche Antwort:
Inflation
Der schwarze Block wird zu inflationär genutzt. Viele Menschen reisen zu einer Demo, Kundgebung o.ä. an, tragen von Anfang an schwarz und vermummen sich sobald die Demo los geht. Frag dich aber bitte vorher, ob das wirklich einen Sinn hat. Macht es Sinn auf einer Demo mit wenig Eskalationspotential schwarz zu tragen? Wahrscheinlich nicht.
Schwarze Kleidung schreckt die meisten Menschen, die nicht sehr bewandert mit der linken Szene sind, eher ab.
Man verbindet immer Ausschreitungen bei diversen Scherbendemos, G20 oder Chaostage mit schwarzen Klamotten bzw. einer schwarz gekleideten Demo.
Um mehr Menschen für die Sache zu gewinnen ist es sinnvoll ebenfalls bürgerlich gekleidet zur Demo zu kommen.
Das Imageproblem
Antifaschismus hat ein Imageproblem und muss wieder bürgerlich werden und die bürgerlichen Menschen ansprechen.
Nur durch das bürgerliche Auftreten ist es zum Beispiel möglich gewesen, dass die rechten Aufmärsche jeden Montag von vermeintlich „normalen Menschen“ besucht werden, die dann instrumentalisiert und aufgehetzt wurden, obwohl sie vorher eigentlich auf der anderen Seite gestanden hätten.
Umso Bürgerlicher die Demo nach außen hin wirkt, desto geringer sind die Chancen das Demos seitens der Cops eskalieren und es ist möglich das die Polizeipräsenz sich mit der Zeit zurück schraubt.
Schwarze Kleidung hat immer den Anschein die Menschen seien bereit, die Demo eskalieren zu lassen, darum mehr Polizei.
Unser Tipp:
Nehmt schwarze Klamotten und Vermummung mit und zieht euch erst im Ernstfall um.
Durch den Schutz von Bannern kann man sich schnell mal ducken, um eine Jacke über zu ziehen und sich zu vermummen.
Das macht auch eine Nachverfolgung im Ernstfall schwerer.
Sonst haben euch die Cops von Anfang an im Auge und sehen was ihr anhabt.
Anonymität ist klasse
Auch schwarz gekleidet seit ihr gut zu identifizieren.
Seid auffällig unauffällig.
Tragt keine Vermummung und kein schwarz, damit niemand weiß wie ihr in schwarz und vermummt ausseht.
Achtet auf euer Umfeld und wie die Stimmungslage auf der Demo ist.
Zeigt mehr Gesicht für die Sache, damit wieder mehr Menschen sehen: Antifaschismus ist ein Kampf der uns alle angeht und mit einbezieht.
Außerdem ist es doch viel angenehmer zur Demo anzureisen, ohne im Hinterkopf zu haben das die Bullen eine*n zur Vorkontrolle anhalten könnten. Häufig passiert dies auf Grund von auffälliger Kleidung, welche der Demo zugeordnet werden könnten.
Anonymität finden wir klasse. Deswegen ist es vom Vorteil den Cops keinen Grund zu geben, die Identität feststellen zu wollen.
Edit
Aus der Kommunikation unter den Kommentaren auf Instagram heraus, haben wir uns raus genommen noch etwas zu ergänzen.
Was ist „bürgerliche Kleidung“ und warum brauchen wir Bürger*innen?
Wie schon bereits erwähnt unter „Das Imageproblem“ erhält der antifaschistische Kampf weniger Zuspruch als uns allen lieb ist. Gewerkschaften schaffen es die Bürger*innen ab zu holen, da diese generell bürgerlich geprägt sind. Schließt der antifaschistische Kampf dort an, können wir Menschen dazu gewinnen. Wir brauchen die Unterstützung der Bürger*innen! Warum? Eine Veränderung des Systems ist nur möglich wenn so viele Menschen anpacken wie möglich. Ein schwarzer Block wird die Menschen in den Firmen nie zum streiken bringen können. Antifaschismus und Anarchismus muss wieder Salonfähig werden. Die Menschen müssen einen anderen Blick darauf bekommen. Mit dem A und generell der Anarchie und Antifa hat jeder Mensch so sein eigenes Bild im Kopf. Chaos und Zerstörung in den Straßen. Das ist aber nicht mal im geringsten das, was Anarchie und Antifa eigentlich bedeutet. Das sind beides Lebenseinstellungen und Grundsätze, die auf eine Welt hinarbeiten, welche gewaltlos agiert und Gewaltäter*innen durch Täterarbeit sozialisiert. Aber wie willst du das Menschen beibringen, wenn bei jeder Demo alle schwarz tragen und vermummt sind? Die Redebeiträge holen viele garnicht mehr richtig ab. Grade Außenstehende schalten auf Durchzug wenn sie eine geschlossene Gruppe sehen, welche sie an Zerstörung und Gewalt erinnern lässt.
Mit bürgerlicher Kleidung ist die Kleidung gemeint, welche du im Alltag trägst. Wenn diese auch mehrheitlich schwarz ist, dann ist das eben so. Aber Demokleidung und private Kleidung unterscheiden sich bei vielen. Viele ziehen die Demokleidung eben nicht im privat Leben an. Es macht einen reisen unterscheid ob irgendwo vllt ein bisschen Farbe ist, ein Patch o.ä. Oder ob der ganze Block schwarz gekleidet ist.
Anonymität
Du solltest generell Wechselklamotten auf der Demo mit haben. Stattdessen könntest du diese von Anfang an anziehen und Mumme und schwarze Jacke im Rucksack lassen. Am besten eignet sich hier eine schwarze Jacke die auch über deine normale Jacke passt und immer noch locker sitzt und eine (andere) Kopfbedeckung. Das verändert deine Statur. Die Polizei beobachtet von Anfang an Personen und gibt auffällige Kleidung und Körpermerkmale durch. Wenn du dich dann aus der Dynamik heraus umziehst bzw. anziehst und vermummst, verliert die Polizei die Orientierung. Die Merkmale die sie anfangs durchgegeben haben sind nun nirgends mehr zu finden um dich ausfindig zu machen. Nach der Demo kannst du in Seitengassen verschwinden und dich umziehen. Oft ist es möglich sich im Schutz eines Bannerkessels umzuziehen, davon raten wir ab. Polizei steht dann eben so oft in der Nähe und gibt durch wer raus kommt. Geh lieber ein paar Meter und zieh an der nächsten Ecke die schwarze Jacke wieder aus. AUSSERDEM: die Gefahr das eine Kleingruppe mit Privater Kleidung angehalten wird, ist Geringer als eine Kleingruppe die Schwarz gekleidet und vermummt ist. Privat gekleidete Menschen können sich bei Verfolgungen schneller von einander trennen um in der Masse der Bürger*innen unter zu gehen (auf dem Weg zu Blockaden o.ä.). Das macht es der Polizei wieder schwieriger zu schauen wer zusammen gehört und wer nicht, wer grade auf dem Weg nachhause ist oder anderes vor hat. Macht es der Polizei nicht so einfach euch einzuordnen !
Respekt
Es hat auch etwas mit Respekt gegenüber dem Nächsten zutun sich nicht direkt zu vermummen oder schwarz zu tragen. Wenn du zb auf einer Gedenkdemo bist und weißt, die eskaliert nicht so schnell, dann lass die Vermummung ab. Zeige Gesicht und damit Solidarität der Familie und den Betroffenen gegenüber. Schwarze Kleidung und Vermummung lassen oft darauf schließen, dass du nur da bist um Krawall zu machen und nicht für die eigentliche Sache. Auch einige Demos die von BiPoCs organisiert wurden eignen sich weniger dafür sich zu vermummen. Generell wird auf ähnlichen Demos davon abgeraten Pyro zu verwenden, was die schwarze Kleidung und mumme erfordern würde. Die Pyro, seine es Rauchtöpfe oder Böller, werden im Zweifelsfall sehr oft BiPoCs angehängt, welche dann von der Polizei rassistisch behandelt werden und wieder unnötige Repressionen erfahren. Bei Eskalationen werden auch meist wieder nur BiPoCs in den Schlagzeilen sein.
Dynamik
Entscheidend ist IMMER die Dynamik der Demo. Wenn du merkst, dass die Bullen der Demo auf die Pelle rücken, unverhältnismäßig handeln und eine Eskalation provozieren, macht es Sinn sich zu vermummen und schwarz zu tragen. Wenn du merkst eine andere Gruppe zieht sich um, dann tu das auch. Das könnte bedeuten, dass etwas passiert. Aber wenn alles friedlich ist, wozu dann eskalierend nach außen hin wirken? Ein Pyro kann auch mal schnell angezündet werden, während Regenschirme aufgespannt sind, die dann wieder verschwinden.
Kein Verbot
Wir schreiben hier niemanden vor sich nicht zu vermummen oder schwarz zu tragen. Wir wollen bloß auf die Sinnhaftigkeit aufmerksam machen! Das ist auch kein Appell daran friedlich zu bleiben. Aber ein Denkanstoß daran, dass friedliche Situationen ein friedliches Erscheinungsbild benötigen. Genau so braucht eine dynamische Situation ein dynamisches Auftreten.